„Bei mir gibt es nur richtig machen oder nochmal machen!“

Die unbesungenen Helden eines jeden Football-Teams stehen ohne Zweifel auf der Offense Line: Die schweren Jungs, die bei jedem Play ihre Knochen hinhalten, damit Quarterbacks, Receiver und Runningbacks ihren Rhythmus finden und Punkte machen – auf sie kommt es besonders an. Seit Anfang der letzten Saison haben sie einen neuen Coach, der für sein Alter schon enorm viel Erfahrung mitbringt. Wir stellen Euch Timur Beckmann ein wenig näher vor.

Timur, Anfang 2020 hast du dich entschieden, von Stuttgart nach Weinheim zu wechseln – wie kam es zu dem Schritt?

Ich war 2019 in Stuttgart bei den Scorpions in der U19 als Offense Coordinator aktiv,chabe aber im Verlauf der Season festgestellt, dass mir die Strecke von Mannheim, wo ich lebe und studiere, nach Stuttgart auf Dauer zu weit ist. Zwei bis drei Mal die Woche, 150 km eine Strecke – da kommt einiges zusammen.

Ein gemeinsamer Freund hat mir dann Brian vorgestellt, der kurz zuvor hier in Weinheim der neue Head Coach wurde. Ich habe dann mit ihm über Philosophie, Playbook und Pläne geredet und wir sind relativ schnell auf einen Nenner gekommen. Nach einem super Gespräch mit der Abteilungsleitung war es für mich dann ganz klar die beste Option.

Freut uns sehr – welchen Eindruck hast du denn bisher vom Team?

Kurz und knapp zusammengefasst: Family First. Weinheim hat eine großartige Tradition und ist dabei sehr familiär geblieben. Ich habe im letzten Jahr die Jungs gut kennen gelernt und finde auch den Namen „Die Herde“ mehr als passend. Dazu haben wir hier sehr viel spielerisches Potential, auf dem wir aufbauen können. Außerdem hat der Verein mit dem neuen Kunstrasenplatz ein erstklassiges Trainingsgelände. Man merkt, dass sich die TSG Weinheim Mühe gibt, die Footballabteilung zu unterstützen. Mein besonderes Highlight ist der Block-Schlitten, sowas sehe ich als O-Liner natürlich besonders gerne. Dieses Gesamtbild spiegelt sich im Kampfgeist und der Motivation der einzelnen Spieler wider.

Leider hatten wir noch nicht die Gelegenheit, diese Motivation auf dem Platz zu sehen – wie sehr frustet es dich, noch keine Spiele gehabt zu haben?

Es ist natürlich sehr schade. Wir haben seit November sehr hart gearbeitet und

hatten eine super Vorbereitung, bis uns im März der Hahn abgedreht wurde. Es gab

uns aber eine super Chance, das Thema Grundlagen und Digitalisierung anzusprechen und da neue Wege zu gehen. Wir haben das Beste daraus gemacht und und früh das Ziel formuliert, 2020 als Off-Season für 2021 zu sehen. Ich bin stolz auf unsere Jungs wie sehr sie den Frust in Motivation umwandeln konnten – 2021 kann kommen!

Welchen Stellenwert hat Football in deinem Leben? Was machst du, wenn du nicht

coacht?

Football ist für mich unglaublich wichtig. Ich bin neben dem Coaching auch noch als Schiedsrichter aktiv. Dazu verfolge ich neben dem deutschen Sport auch die NFL und besonders die NCAA mit großem Interesse. Ansonsten studiere ich BWL an der Universität Mannheim und engagiere mich noch in der studentischen Initiative

MTP. Zum Runterkomme lese ich ganz gerne und Netflix und Co. dürfen natürlich

auch nicht fehlen.

Du bist mit 22 Jahren ein vergleichsweise junger Coach – wie kam es dazu?

Ich wurde noch während meiner aktiven Zeit in der U19 der Düsseldorf Panther gefragt, ob ich nicht Interesse hätte bei der Jugend zu helfen. Ich habe dann in der U13 angefangen und bin so langsam ins Coaching gekommen. Recht schnell kamen dann kleine persönliche Erfolge und dann – nach meiner Jugendzeit – fasste ich den Entschluss, mich komplett auf das Coaching zu konzentrieren und da immer besser zu werden. Nach meinem Umzug hier in den Süden habe ich direkt einen Platz im Coaching Staff der Mannheim Bandits-U19 unter Andy Meyer gefunden. Diese Chancen ermuntern natürlich und motivieren. Außerdem coache ich noch in der Green Machine Jugend des AFCV NRW und mache zurzeit meine Football Coaching C-Lizenz. Ich bin All-In und was dabei besonders wichtig ist: Ich habe Spaß dabei.

Das merkt man dir an – wie würdest du dich selbst in der Rolle als Coach beschreiben? Was zeichnet dich aus?

Ich liebe den Sport und das zeige ich auch. Ich versuche immer, den Standard noch höher zu setzen. Diesen Ehrgeiz möchte ich auch bei meinen Spielern wecken – Football fängt bei der Einstellung an. Und wenn die passt, dann entwickelt sich automatisch die notwendige Disziplin, um erfolgreich zu sein. Außerdem bin ich extrem detailverliebt und perfektionistisch. Bei mir gibt es nur richtig machen oder nochmal machen.

Wie ist dein Draht zu Brian Caler? Wie sehr hilft dir seine Erfahrung?

Brian ist schon lange ein Teil des europäischen Footballs und seine Erfahrung aus

Wien, dem Allgäu und zuletzt Frankfurt ist gigantisch. Ich bin echt froh, die Chance zu haben, von ihm zu lernen und mich unter seiner Anleitung weiter zu entwickeln. Wir haben uns von Anfang an extrem gut verstanden und haben sehr ähnliche Ideen für unsere Offense auf der einen, aber auch das Team im Ganzen auf der anderen Seite. Er ist ein sehr herzlicher Mensch und hilft mir wirklich alle Aspekte zu verstehen und meine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Dazu ist sein Netzwerk im Deutschen und Europäischen Football immens groß und er gibt mir die Möglichkeit immer neue Coaches und deren Ideen kennen zu lernen.

Hast du dir Ziele für die neue Saison gesteckt?

Eher eine Parole als ein Ziel: Winning is Fun! Und getreu unserem Motto #Let’sGetIt würde ich gerne die Meisterschaft holen. Für mich als O-Line-Coach ist es wichtig, in den beiden für unsere Unit relevanten Statistiken ganz vorne dabei zu sein: Ich will die meisten Lauf-Yards und die wenigsten Sacks oder Tackle for Loss. Ich weiß, dass wir dazu die Mittel haben, jetzt liegt es an uns, das umzusetzen. Ich denke die Liga wird wegen der etwas besonderen Vorbereitung hart umkämpft sein. Aber ich habe großes Vertrauen in unseren Plan und den Prozess. Wir setzen uns, die Longhorns Family, an erste Stelle und gemeinsam werden wir erfolgreich sein.

Und dann? Was traust du den Longhorns mittel- und langfristig zu?

Dieses Jahr ist auf jeden Fall die Meisterschaft drin. Wir sollten dann mittelfristig den

Aufstieg in die GFL2 sichern und uns dann dort etablieren. Wie es dann danach aussieht, hängt von vielen externen Faktoren ab. Es ist noch ein langer

​Weg, aber ich merke in den ersten eineinhalb Jahren hier in Weinheim, dass wir trotz der Umstände in die richtige Richtung gehen. Jetzt heißt es jeden Tag ein kleines bisschen besser werden.