Aaron Donald, JJ Watt, die Bosa-Brüder, Danielle Hunter, Cameron Jordan – ihre Namen sind wohl jedem NFL-Fan ein Begriff, und das, obwohl sie weder für spektakuläre Catches, noch für raketen-artige Pässe bekannt sind – Defense Linemen sind hauptsächlich Eines: pure Athleten. Hinter der brachialen Gewalt steckt aber durchaus eine Menge Technik und jede Menge Coaching. Bei den Weinheim Longhorns ist Marius Hauber für unsere Pass Rusher verantwortlich – ein Name, den man in Weinheim bestens kennt.
Marius, du trägst die Farben der Longhorns schon eine ganze Weile – was bedeutet dir dieser Verein?
Ganz einfach ausgedrückt: Heimat. Ich bin mit 13 zu den Horns gekommen – damals noch als Flag-Spieler – und habe mich sofort aufgehoben und wohl gefühlt.
In deinem Alter könntest du ja durchaus noch selbst spielen – wie kam es, dass du jetzt als Coach aktiv bist?
Leider nicht ganz freiwillig, muss ich zugeben. In meinem letzten U19-Jahr habe ich mir eine schwere Wirbelsäulenverletzung zugezogen, die mich lange außer Gefecht gesetzt hat. Ich habe es immer wieder probiert, aber leider ist selbst spielen keine Option mehr. Aber ich war und bin bis heute nicht bereit, dem Sport den Rücken zuzukehren – also war die Karriere als Coach der beste Weg, so nah wie möglich dranzubleiben.
Würdest du rückblickend von einer kurzen, aber schönen und erfolgreichen Karriere sprechen?
Absolut! Ich glaube, ich kann die Niederlagen in den sechs Jahren, in denen ich auf dem Feld stand, an einer Hand abzählen. Ich hatte die Ehre und das Vergnügen, in der Auswahl Baden-Württembergs und der deutschen Nationalmannschaft dabei zu sein und konnte 2016 sogar den Junior Bowl mit den Schwäbisch Hall Unicorns gewinnen, viel mehr kann man sich als Jugendlicher nicht wünschen.
Und diese Erfahrung möchtest du jetzt natürlich an deine Spieler weitergeben…?
Ganz genau. Ich bin zwar jünger als manche meiner Spieler, habe aber nie das Gefühl, dass das ein Thema ist. Am wichtigsten ist mir dabei, mein Training zu strukturieren und jedem Spieler so viele Reps wie möglich zu geben. Erfahrung ist zwar schön und gut, aber Automatismen machen dich erst richtig gut. Für mich ist es die Mischung aus Fokus und Spaß, die ein gutes Training ausmacht.
Was erwartest du von deiner Unit? Worauf legst du besonders viel Wert?
Das ist schwer, in Zahlen oder ähnlichem auszudrücken. Mein persönliches Ziel als Coach ist es, jeden Spieltag und jedes Training das Maximum aus meinen Spielern zu holen, um somit das Team voranzubringen. Allerdings habe ich auch den Ansporn, die beste Unit zu stellen – teamintern und in der Liga!
Ehrgeizige Ziele, die du ja leider bisher fast ausschließlich durch virtuelles Training verfolgen kannst. Wie schwer ist das für dich?
Es ist für uns alle eine schwierige Zeit mit untypischen Methoden – wir alle müssen umdenken und haben offen gestanden auch keine andere Wahl. Aber ich finde, wir machen das Beste aus der Situation, schauen Videos der letzten Saisons, geben in den Online-Workouts Gas und hoffen weiterhin, schnellstmöglich wieder auf den Platz zu dürfen.
Wie ist dein Verhältnis zum Defense Coordinator Dwohn Luckey? Wie viel kannst du von ihm lernen?
Luckey ist ein sehr junggebliebener ‚Old Man‘ (lacht). Es ist nicht zu fassen, dass er mit Mitte 40 noch auf dem Platz stand und das merkt man ihm auch als Coach an. Er kann auf eine unglaubliche Spielerfahrung zurückgreifen, die sehr wenige Coaches aufweisen können. Ich erlebe ihn als sehr spielernah und auch als Coaches-Kollege legt eher weniger Wert auf krasse Hierarchien, sondern eher auf das ‚miteinander und voneinander Lernen‘. Dementsprechend glaube ich, dass ich von ihm noch einiges mitnehmen kann – auf der anderen Seite fühle ich mich aber auch immer ernst genommen – diese Kombination ist ideal.
Wie sieht es mit Brian aus?
Prinzipiell sehr ähnlich: Wie Dwohn ist auch Brian ein Coach, dem sich die Spieler ohne Probleme anvertrauen können. Er gibt niemandem das Gefühl, über ihm oder ihr zu stehen.
Das Arbeiten mit Brian macht einfach unglaublich Spaß. Er coacht souverän und professionell und verliert trotzdem nicht die Lockerheit und den Spaß, den man braucht, um das Team zu motivieren. Ich bin sehr froh, dass er in Weinheim ist.
Vorher klang es schonmal leicht an – was hast du dir vorgenommen für die neue Saison?
Nach außen hin gesehen habe ich den Anspruch, dass die beste D-Line der Liga aus Weinheim kommt. Teamintern möchte in erster Line den Spaß am Sport vermitteln und jungen Spielern dabei helfen, sich in der ersten Mannschaft einzufinden und zu etablieren. Für mich ganz persönlich geht es darum, mich weiter fortzubilden und von meinen Trainerkollegen zu lernen.
Und wenn man das Ganze ein wenig weiterdenkt…?
Kurzfristig sehe ich die Longhorns an der Spitze der Regionalliga und damit mittelfristig in der GFL2. Dort sollte das Ziel sein, sich mit einer guten Jugendarbeit zu etablieren – denn nur, wenn die Integration von Jugendspielern in die erste Mannschaft klappt, ist das ganze nachhaltig. Wenn das alles klappt, – und ich betone hier ganz bewusst: Das ist ein sehr großes „wenn“ – dann bin ich ganz ehrlich: Für mich gehört ein Traditions-Team wie die Weinheim Longhorns wieder in die GFL.